Winterluft und Atemwege
Sobald die Temperaturen sinken und die Luft eisig wird, spüren viele Menschen, dass sich das Atmen anders anfühlt. Vielleicht brennt die kalte Luft leicht in der Brust oder der Atem wirkt flacher als sonst. Unser Atemsystem arbeitet zwar zuverlässig und automatisch, reagiert jedoch sensibel auf äussere Einflüsse. Kalte, trockene Winterluft enthält deutlich weniger Feuchtigkeit als warme Luft. Dadurch trocknen die Schleimhäute schneller aus und werden anfälliger für Reizungen und Infekte. Zudem kann das Einatmen kalter Luft die Atemwege kurzzeitig verengen – bei gesunden Personen meist harmlos, aber dennoch spürbar.
Warum die Atmung im Winter besonders gefordert ist
Diese Veränderungen lassen sich vor allem durch die besonderen Bedingungen erklären, denen unsere Atmung in der kalten Jahreszeit ausgesetzt ist.
In Ruhe atmen wir überwiegend durch die Nase. Sie filtert, befeuchtet und erwärmt die Luft, bevor sie in die tiefen Atemwege gelangt. Bei körperlicher Aktivität reicht die Nasenatmung jedoch oft nicht aus, sodass wir vermehrt durch den Mund atmen. Dadurch wird der natürliche Schutzmechanismus der Nase umgangen, und gerade im Winter gelangt kalte, trockene Luft direkt in die empfindlichen Bronchien. Um die eingeatmete Luft zu befeuchten und zu erwärmen, müssen die Schleimhäute im Rachen und in den Bronchien nun viel Feuchtigkeit abgeben. Sie trocknen dadurch schneller aus. Sind die Schleimhäute trocken, funktioniert der natürliche Selbstreinigungsmechanismus der Atemwege, die sogenannte mukoziliäre Clearance, nicht mehr richtig. Die Flimmerhärchen können Viren und Bakterien weniger effektiv abtransportieren, was das Risiko für Reizungen und Infekte erhöht.
Bei empfindlichen Personen kann Kälte zudem eine kurzfristige Verengung der kleinen Bronchien auslösen, eine Art Verkrampfung. Es kommt zu einer asthmaähnlichen Symptomatik. Nicht ohne Grund leiden zum Beispiel Eishockeyspielerinnen und Eishockeyspieler oder Langläuferinnen und Langläufer häufiger an kältebedingtem Bronchialasthma. Auch Menschen mit Atemwegserkrankungen – sei es Asthma, COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease) oder eine andere Lungenerkrankung – neigen bei winterlichen Bedingungen eher zu verstärkten Symptomen.
Atmung und Bewegung bei Kälte: Darauf kommt es an
Trotz dieser Herausforderungen bleibt Bewegung an der frischen Luft im Winter gesund und absolut empfehlenswert – vorausgesetzt, einige einfache Schutzmassnahmen werden berücksichtigt. Wichtig ist, die Belastung an die kalten Bedingungen anzupassen. So kann es sinnvoll sein, gerade im Hinblick auf das Laufen, die Intensität etwas zu reduzieren. Weiterführend stellt besonders der Übergang von warmer Wohnungsluft zu klirrender Kälte für die Lunge eine Herausforderung dar. Hier hilft es, sich vor dem Hinausgehen kurz im Flur oder in der Garage aufzuhalten, damit sich die Atemwege langsam akklimatisieren können. Zusätzlich unterstützt das Einatmen durch die Nase die Aufwärmung und Befeuchtung der kalten Luft. Die richtige Atemtechnik lässt sich am besten in einer entspannten Position üben, zum Beispiel im Sitzen. Dazu die Hände auf den Bauch legen und ruhig durch die Nase einatmen, dabei spüren, wie sich der Bauch langsam „aufbläst“. Anschliessend durch leicht geschürzte Lippen ausatmen, wie beim Ausblasen einer Kerze. Diese Technik lässt sich später auch beim Gehen oder Joggen anwenden. Besonders wichtig ist dabei, die Ausatmung bewusst zu kontrollieren, um ein zu hastiges oder zu tiefes Einatmen zu vermeiden.
Die richtige Kleidung macht den Unterschied
Neben der Atmung spielt auch die passende Kleidung eine zentrale Rolle, um den Körper bei Kälte zu schützen. Im Winter hat sich das Schichtenprinzip bewährt: Atmungsaktive Kleidung hält warm, ohne den Körper zu überhitzen. Besonders Kopf und Hände verdienen Aufmerksamkeit, da über den Kopf viel Wärme verloren geht und die Hände besonders schnell auskühlen. Schweissnasse Kleidung verstärkt das Auskühlen zusätzlich. Beim Aufstieg kann es daher sinnvoll sein, eine Schicht auszuziehen, um starkes Schwitzen zu vermeiden. Beim Abstieg, wenn die Belastung sinkt, wird meist wieder zusätzliche Wärme benötigt. Praktisch ist es, Ersatzkleidung im Rucksack mitzuführen, um flexibel auf Temperaturschwankungen reagieren zu können.
Um die Atemwege gerade bei tiefen Temperaturen zu schützen, ist es empfehlenswert ein Schlauchtuch oder ein spezielles Tuch für Hals und Nase zu tragen. Unter dem Stoff entsteht ein feuchtwarmer Raum, der die Atemluft ähnlich wie die Nase vorwärmt und befeuchtet. Dadurch lassen sich Reizungen deutlich reduzieren und kältebedingten Beschwerde vorbeugen.
Exkurs: Die Bedeutung der Nasenatmung
Die Rolle der Nasenatmung geht jedoch weit über den Schutz vor Kälte hinaus. Neben der grundlegenden Aufgabe, die eingeatmete Luft zu erwärmen und zu befeuchten, bietet sie eine ganze Reihe weiterer Vorteile, die oft unterschätzt werden.
Eine besondere Rolle spielt dabei ein Stoff, den die Nasenschleimhaut produziert, das Stickstoffmonoxid (NO). Dieses Gas wirkt antibakteriell und unterstützt zudem die Lungenfunktion, indem es die Bronchien erweitert und die Durchblutung in der Lunge steigert. Die Nasenatmung beeinflusst zudem die Atemmechanik, also die Frequenz sowie die Tiefe der Atmung selbst. Weil der Luftstrom durch die Nase auf mehr Widerstand trifft als durch den Mund, verlangsamt sich die Atmung automatisch. Dadurch wird sie tiefer, regelmässiger und stärker, was wiederum das Zwerchfell verstärkt aktiviert. Eine aktive Zwerchfellatmung belüftet die Lunge deutlich besser und steigert die gesamte Atemeffizienz – ein Vorteil, der sich besonders beim Sport oder in Stresssituationen bemerkbar macht. Auch der Säure-Basen-Haushalt wird durch die Nasenatmung beeinflusst. Sie hilft, den pH-Wert im Körper zu stabilisieren und aufrechtzuerhalten, indem sie die Kohlendioxidmenge im Blut reguliert.
Insgesamt ist die Nasenatmung ein beeindruckendes Zusammenspiel aus Filterung, Schutz, Regulation und Leistungsoptimierung. Sie verbessert nicht nur die Sauerstoffversorgung, sondern bewahrt den Körper auch vor äusseren Einflüssen und trägt dazu bei, das Atemsystem in einem stabilen Gleichgewicht zu halten.
«Atme und lass sein.»
- Jon Kabat-Zinn-
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Wann und wo?
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- Kosten pro Person CHF 39.00 (Twint oder Barzahlung)
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Referenzen
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Mayo Clinic Health System. (2023, 27. Januar). Is the extreme cold bad for your lungs? https://www.mayoclinichealthsystem.org/hometown-health/speaking-of-health/is-the-extreme-cold-bad-for-your-lungs
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