Urlaubsreif? Das Geheimnis erholsamer Ferien

Urlaubsglück

Nichtstun, Seele baumeln lassen, Kopf frei bekommen und entspannen. Danach sehnen sich die meisten seit Beginn des Jahres und endlich sind sie da: die Sommerferien! Was sich in den letzten Monaten in Gedanken so unglaublich erholsam angefühlt hat, stellt sich im Urlaub meist als grosse Herausforderung dar.
Da liegt man endlich mit geschlossenen Augen und Sonne im Gesicht auf seinem Strandtuch am See, in der Badi oder am Meer - wie man es sich lange erträumt hat. Der Körper ist ruhig und entspannt…. aber der Kopf arbeitet auf Hochtouren. Die Gedanken springen vom letzten Meeting, zum Elternabend, über die Planung der Geburtstagsfeier, bis hin zum Wäsche waschen und einkaufen. Gequält vom Gedanken Ping-Pong wälzen wir uns auf dem Tuch hin und her, versuchen an nichts zu denken und werden dabei vom Boomerang unserer Gedanken fast erschlagen. Es klappt einfach nicht, das Kopf frei bekommen. Alles Mögliche wird in Gedanken gewälzt, durchdacht und auf imaginären Post-it’s für später festgehalten, nur die gewünschte Ruhe kehrt nicht ein.

Obwohl regelmässige Pausen und Urlaub enorm wichtig für die Gesundheit sind, wissen viele von uns nicht mehr, wie es eigentlich geht: Entspannen. In all den Jahren des Arbeitens, Lernens und Sich-Anstrengens scheinen viele Menschen die hohe Kunst der Erholung und Entspannung verlernt zu haben.

Wieso fällt es vielen von uns, meist zu Beginn des Urlaubs, schwer den Alltagsstress loszulassen und das Hier und Jetzt zu geniessen? Wie kann die menschliche Psyche im Urlaub am besten zur Ruhe kommen?
Damit beschäftigen sich Fachleute seit Jahren. Damit dein Urlaub erholsam wird, haben wir dir hier einige ihrer Erkenntnisse zusammengefasst:

Tipps für erholsame Ferien

Vor dem Urlaub:
  • Schalte bei der Arbeit einen Gang runter. Nicht nur die Zeit während den Ferien ist wichtig, sondern auch die Zeit direkt davor. Fachleute weisen darauf hin, dass «je höher die Arbeitsbelastung vor dem ersten Urlaubstag, desto geringer die Erholung in den Ferien». Von 100 auf null herunterzufahren ist alles andere als optimal und nicht zu empfehlen. Statt in der letzten Woche vor Ferienbeginn noch ein neues Projekt anzunehmen, konzentrierst du dich lieber auf einfachere und beendbare Aufgaben. Ist dies nicht möglich, arbeite deine Stellvertretung frühzeitig ein, damit du am letzten Tag vor deinem Urlaub mit gutem Gefühl die anstehenden Arbeiten abgeben kannst. Bist du selbständig erwerbstätig, kündige deinen Kundinnen und Kunden deine Ferienabwesenheit frühzeitig an.
  • Umsichtiges Planen ist wichtig. Unvorbereitet in den Urlaub zu fahren kann spannend sein, ist aber selten entspannend. Damit Ferien gelingen, ist die Vorbereitung von Bedeutung. Ein wichtiger Aspekt hierfür ist die Klärung der Bedürfnisse. Fährst du alleine in den Urlaub, hast du es einfach. Verreist du mit anderen Personen wie Partner/ Partnerin, Familie oder Freunden, wird es bereits schwieriger. Die Bedürfnisse im Urlaub können sehr unterschiedlich sein. Deshalb gilt es im Vorfeld abzusprechen: Wer hat welche Bedürfnisse, Interessen? Wo gibt es Gemeinsamkeiten? Wer geht welche Kompromisse ein? Wobei das Verhältnis schlussendlich ausgewogen sein sollte. Denn Unstimmigkeiten und Streit beeinträchtigen die Erholungswirkung der Ferien und können als sehr belastend wahrgenommen werden. Ausserdem weisen Fachleute daraufhin, dass im Familienurlaub, in den Ferien mit Freunden oder zu zweit, jede und jeder Zeit für sich selber einplanen sollte.
  • Definiere deine Erreichbarkeit. Gehörst du zu denen, die das Büro in der Tasche mit sich tragen? Durch das Smartphone praktisch immer, überall erreichbar und ständig verfügbar? Was im Arbeitsalltag häufig ein Segen ist, kann im Urlaub schnell zum Fluch werden. Trotz physischer Abwesenheit ist man über das Smartphone virtuell weiterhin bei der Arbeit. Man muss keine Fachperson sein, um zu wissen, dass dies alles andere als Erholung bedeutet. Damit du dich in deinen Ferien erholen kannst, solltest du deine Erreichbarkeit während deinem Urlaub klar definieren und kommunizieren. Wer sich nicht völlig von der Arbeit distanzieren kann, soll im Urlaub zumindest nicht ständig verfügbar sein, sondern ein Zeitfenster definieren, in dem man erreichbar ist, seine Mails checkt und Anrufe beantwortet. Damit die übrige Ferienzeit zur reinen Erholungszeit wird, ist Disziplin gefordert.
  • Treibe Sport an deinem letzten Arbeitstag. Sport und körperliche Aktivität ist ein gutes Mittel zum Stressabbau. Damit es dir schneller gelingt von deinem Arbeitsalltag «herunterzufahren» und im Ferienmodus anzukommen, solltest du es mit etwas Sport und körperlicher Aktivität kurz vor Urlaubsbeginn versuchen.
     

«Entspann dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.»
(Kurt Tucholsky)


Im Urlaub:
  • Ab in die Natur. Aufenthalte in der Natur beeinflussen unsere psychische und körperliche Gesundheit nachweislich positiv. Nach aktuellem Stand der Forschung spricht einiges dafür, im Urlaub möglichst viel Zeit in der Natur zu verbringen. Die Stimmung wird positiv beeinflusst, man ist glücklicher, fühlt sich wohler. Zusätzlich wirkt sich die Zeit in der Natur positiv auf die sozialen Beziehungen aus. In Japan sind die Menschen von der heilsamen und stressmindernden Wirkung der Natur so überzeugt, dass sie regelmässig «Shinrin-yoku» betreiben, was so viel bedeutet wie «Waldbaden».
  • Sei körperlich aktiv. Unter Erholung & Entspannung steht geschrieben, dass aktive Pausen erholsamer sind als Passive. Dies gilt auch im Urlaub. Regelmässige körperliche Aktivität und Sport während deinen Ferien tun deiner Gesundheit gut und steigern den Erholungseffekt deines Urlaubs. Zentral dabei ist, dass dir die Aktivität Spass macht.
  • Lass die Arbeit mental zuhause. Personen, die projektbezogen arbeiten, tragen die Arbeit nicht selten in den Feierabend oder in den Urlaub mit. Dabei gilt es zu unterscheiden: Eine gute, kreative und lustvolle Beschäftigung hat keinen negativen Einfluss auf die Erholung. Gehst du in deiner Arbeit völlig auf und sprühst vor neuen Ideen und Plänen? Fühlst du dich dabei gut und empfindest die Gedanken an die Arbeit in deiner Freizeit nicht als negativ? Solange du dich gut fühlst und dich die Gedanken an deine Projekte positiv «beflügeln», kannst du deine neuen Ideen auch auf dem Liegestuhl in dein Notizbuch eintragen. Wer hingegen unter einem hohen Leistungsdruck steht und bei der Arbeit unter Versagensängsten leidet, sollte im Urlaub versuchen sich abzulenken. Sporttreiben und andere Ferien- und Freizeitaktivitäten helfen dabei. Lassen dich dennoch die Gedanken an die Arbeit nicht los, dann empfiehlt es sich, ähnlich wie bei der ständigen Erreichbarkeit, das Nachdenken an die Arbeit auf eine klar begrenzte Zeit des Tages zu befristen. Tagebuchschreiben kann zusätzlich befreiend wirken.
  • Genügend Schlaf. Es spricht nichts dagegen, wenn du im Urlaub mal eine Nacht durchfeierst oder bei schlechtem Wetter bis in die Mittagsstunden schlummerst. Wichtig ist, dass es die Ausnahme und nicht die Regel bleibt. Versuche in den Ferien nicht allzu stark von deinen gewohnten Schlafenszeiten abzuweichen. Gerät deine innere Uhr nämlich zu sehr aus dem Takt, kann dies deine Stimmung trüben und langfristig deine Leistungsfähigkeit und Gesundheit negativ beeinflussen. Zudem fällt dir der Einstieg in den Alltag nach deinen Ferien einfacher, als wenn du im Urlaub nur die Nächte durchgefeiert und tagsüber geschlafen hast.
  • Bereite deinem Urlaub ein würdiges Ende. Amerikanischen Studien zufolge bestimmen die Höhe- und Tiefpunkte einer Reise, sowie der letzte Ferientag, die Erinnerungen an den Urlaub. Am meisten kannst du davon wohl deinen letzten Urlaubstag aktiv beeinflussen. Da das Kofferpacken und andere unliebsame Aktivitäten, die man vor der Abreise tun muss, ungern in Erinnerung bleiben sollten, empfiehlt es sich, diese Dinge am vorletzten Tag der Ferien zu erledigen, sodass man den letzten Ferientag noch mal richtig geniessen kann. Dieser Tag wird schliesslich bestimmen, wie du deine Ferien in Erinnerung behalten wirst.
Nach dem Urlaub:
  • Lass dir Zeit, um zu Hause anzukommen. Viele wollen den Urlaub bis zur letzten Minute auskosten und planen die Rückreise am letzten Urlaubstag. Obwohl dies völlig verständlich ist, kann es sich eher negativ auf unser Wohlbefinden und die Rückkehr in den Arbeitsalltag auswirken. Empfehlenswert ist, mindestens ein bis zwei Tage vor Ende des Urlaubs nach Hause zurückzukehren. Gerade wenn man mit einem Jetlag zu kämpfen hat, ist es sinnvoll, sich ein paar Tage zu Hause einzuleben, bevor man wieder zur Arbeit muss.
  • Starte mittwochs in die erste Arbeitswoche. Einigen Fachleuten zufolge profitieren diejenigen, die ihre Arbeit nach dem Urlaub zur Wochenmitte wieder aufnehmen, länger von den Ferien als jene, die montags an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Das Risiko, dass die Motivation gleich in der ersten Arbeitswoche wieder auf den Nullpunkt sinkt, sei beim Start an einem Mittwoch oder Donnerstag nach den Ferien bedeutend kleiner, als am Anfang der Woche.
  • Lege keine wichtigen Termine in die erste Arbeitswoche. Bei der Rückkehr an die Arbeit gleich einen vollen Terminkalender vorzufinden, kann schnell dazu führen, dass man bereits am ersten Tag nach dem Urlaub wieder knietief im Alltagsstress feststeckt. Eine solche Situation wünscht sich wohl niemand. Damit dir dies nicht passiert, solltest du Termine erst in der zweiten Arbeitswoche nach deinen Ferien planen. So kannst du ruhig und entspannt ankommen, die eingegangenen Anfragen bearbeiten und dir in der ersten Woche einen Überblick verschaffen. Dies wirkt sich positiv auf dein Wohlbefinden und die Motivation aus.
  • Vermeide Überstunden in der ersten Arbeitswoche. Verbunden mit der Terminplanung sind die Überstunden in der ersten Arbeitswoche nach dem Urlaub. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass Überstunden nach der Heimkehr das Verschwinden der positiven Urlaubseffekte wie positive Emotionen und allgemeines Wohlbefinden beschleunigen, während Entspannung in den Abendstunden dies verlangsamen.
     

«Entspannung bedeutet, sich aktiv auf etwas anderes einlassen zu können.»
(Frank Berzbach)


Ist ein langer Urlaub erholsamer als ein Kurztrip?

Insgesamt lässt sich aus erholungspsychologischer Sicht sagen: Regelmässige Kurztrips sind besser als ein einziger Jahresurlaub. Je nach Reiseziel reicht ein verlängertes Wochenende natürlich nicht aus. Dennoch scheint es sinnvoller, nicht alle Urlaubstage für einen grossen Jahresurlaub zu planen. Studien zufolge scheint der Höhepunkt der Erholung bereits nach einer Woche Freizeit erreicht zu sein. Entgegen dem Glauben der meisten Menschen, lässt sich also nicht sagen, dass, je länger die Ferien, desto erholter die Person. Den Untersuchungen zufolge scheint sich die Stimmung der Urlauber*innen vor allem in der ersten Ferienwoche aufzuhellen, während die zweite und dritte Woche kaum weitere positive Effekte auf die Stimmung hatten. Hinzu kommt, dass längere Ferien nicht unbedingt einen nachhaltigeren Erholungseffekt haben als Kurzurlaube. Unabhängig von der Feriendauer, hält die Erholung nach dem Urlaub etwa eine Woche an. Folglich ist es sinnvoller, mehrmals im Jahr für ein paar Tage in Urlaub zu fahren und somit regelmässiger vom Erholungseffekt der Ferien zu profitieren.

Möchtest du noch mehr zum Thema erfahren? Dann empfehlen wir die Sendung von Radio SRF 2 Kultur. Kontext zum Thema «Ferien – was der Urlaub von der Arbeit soll».

 

Referenzen:
Blasche, G. (2008). War Ihr Urlaub erholsam? Ergebnisse und Anwendungen der Erholungsforschung. Themenschwerpunkt Gesundheits- und Verkehrspsychologie. Psychologie in Österreich, 3 & 4.
Blasche-Strauss, G., Reithofer, B., Schobersberg, W., Ekmekcioglu, C. & Marktl, W. (2005). Effect of vaca-tion on health: Moderating factors of vacation outcome. Journal Travel Medicine, 12, 94-101.
Bartman, G. N., Anderson, C. B., Berman, M. G., Cochran, B., de Vries, S. et al. (2019). Nature and mental health: An ecoystem service perspective. Science Advances, 5.
De Bloom, J. (2013). Spass und Kontrolle: Das Geheimnis erholsamer Ferien. Dossier Ferienpsychologie. Psychoscope.
De Bloom, J., Geurts, S. A. E. & Komper, M. A. J. (2013). Vacation (after-) effects on employee health and well-being, and the role of vacation activities, experiences and sleep. Journal Happiness Studies, 14, 613-633.
Gradwohl, N. (2017). Über die Kunst, den Urlaub zu gestalten. SRF-Beitrag.
Klöckner, L. (2020). Urlaub: Was die Psyche zum Erholen braucht. Beitrag auf Omeda.de.
Lohmann-Haislah, A. & Wendsche, A. (2016). Die Arbeit noch im Kopf – Eine Metaanalyse zu Einflussfaktoren und Folgen des mentalen Abschaltens von der Arbeit. Berlin: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
May, C. J., Ostafin, B. D. & Shnippe, E. (2019). The relative impact of 15-minutes of meditation compared to a day of vacation in daily life: An exploratory analysis. The Journal of Positive Psychology.
Schlemmer, P., Blank, C. & Schnitzer, M. (2019). Does physical activity during alpine vacations increase tourists’ well-being? International Journal of envirionmental research and public health, 16, 1707.
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